Mittwoch, 26. November 2014
6. Blogpost - Braucht Kunst Wiederholung?
Wer kennt es nicht? Man schaut abends gemütlich ein bisschen fern und verfolgt mehr oder weniger interessiert die Werbung, die zwischen den Filmen eingeblendet wird.
Und dann das: es wird ein Trailer gezeigt, in dem es um einen neuen Film oder eine neue Serie geht- doch der Inhalt kommt einem irgendwie seltsam bekannt vor.

Aber wie kann das sein?

Versucht nicht jedes neue Projekt einzigartig und originell zu sein? Doch! Das Problem bei der Sache ist nur, dass es quasi nichts mehr gibt, was es noch nicht gab. Denn alles, was wir im Fernsehen gezeigt bekommen, ist eine Wiederholung von etwas, das es schon mal gab. Zwar abgewandelt und neuinterpretiert, aber die Themen, mit denen sich befasst wird, kommen uns meist recht bekannt vor. So geht es oftmals um „Kampf um Reichtum und Macht, Leben, Tod, Niederlage, Sieg, Ehebruch, Liebe, Haß, Neid, Täuschung und Enttäuschung“ (Eco 1988 [1983]: 162).

Diese von Eco- in Bezug auf die Serie „Dallas“- genannten Motive lassen sich, finde ich, sehr gut auf ein aktuelles Beispiel beziehen. Die Serie „Divious Mades“ (in der es sehr grob gesagt um die Haushälterinnen von Reichen in Beverly Hills geht, die hinter die schmutzigen Geheimnisse eines Mordes kommen), die zurzeit auf ProSieben läuft und heute Abend ihr spannendes Ende nimmt. In ihr lassen sich viele der oben genannten Motive wiederfinden (z.B. Liebe und Hass, Leben und Tod), da sie den Produzenten Sicherheit geben. Sicherheit, dass den Zuschauern das Gezeigte gefallen wird, denn es hat sich- wie die Serie „Dallas“ beweist- in der Vergangenheit bewährt.

Solche Serien faszinieren die Menschen vermutlich auch deshalb, weil sie ihnen prognostische Fähigkeiten zuzuschreiben scheinen. Der Zuschauer kann voraussagen, was geschehen wird und freut sich, wenn dies eintritt, was er vermutet hat (Eco 1988 [1983]: 160). Er kann beispielsweise mit raten, wer- auf „Divious Mades“ bezogen- der Mörder ist.

Serien sind ebenso Trostspender, denn sie erfreuen den Zuschauer, indem sie ihm vorspielen er schaue sich etwas Neues an, doch in Wirklichkeit genießt er nur „die Wiederkehr eines konstanten narrativen Schemas“ (Eco 1988 [1983]: 160). Denn bei den Serien handelt es sich um festgelegte Konstrukte, bei denen es eine feststehende Situation gibt und lediglich die Haupt- und Nebenpersonen getauscht werden, damit der Eindruck einer neuen Geschichte entsteht (vgl. Eco 1988 [1983]: 159). Die Filmemacher veräppeln den Zuschauer also auf gewisse Weise.

Groddecks Aussage „Alles Einmalige ist langweilig- solange bis es wiederholt, wieder geholt wird.“ (Groddeck 1999: 1777) stimme ich nur teilweise zu, da ich der Meinung bin, dass auch Arbeiten, die einzigartig sind, etwas Faszinierendes an sich haben können. Doch diese könnten ohne Wiederholung in Vergessenheit geraten, weswegen ich für die Wiederholung dieser stimme.

Aber jetzt ich stelle mir dann doch die Frage: gibt es solche einmaligen Werke überhaupt? Wie kann man diese als „einmalig“ bezeichnen, da doch „[a]lles Sprechen in Form und Inhalt immer schon ein wiederholtes [ist]“ (Groddeck 1999: 177)? Vielleicht gibt es irgendwo auf der Welt jemanden, der sich beispielsweise mit der Thematik dieses Werkes auseinander gesetzt hat und es somit in seinem eigenen Werk wiederholt hat- man weiß es nicht.

Um genauer auf Groddecks Zitat einzugehen, verweise ich auf World-Disney-Filme. Bei diesen handelt es sich meist um Remakes- also um Neuauflagen von Filmen. So ist 2010 das Remake von dem Märchen Rapunzel unter dem Titel „Rapunzel - Neu verföhnt“ erschienen. Dieses basiert auf der Geschichte des Märchens, wurde jedoch modernisiert und erzählt nun die Geschichte einer modernen, selbstbewussten jungen Frau, die sich von den Zwängen des alten Märchens lossagt.

Durch die Neuverfilmung gewinnt das Einmalige- also das alte Märchen- eine neue Präsenz, es wird an die heutige Zeit angepasst und vor allem der jungen Generation zugänglich gemacht. Die Menschen wollen immer mit der Zeit gehen und so werden alte Filme oftmals neu ausgelegt und produziert.


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich bei so gut wie allem um Wiederholungen handelt. Denn alles wurde schon einmal gesagt oder auf irgendeine Weise festgehalten, sodass es kaum noch möglich ist etwas Neues zu schaffen. Anhand der Wiederholungen werden vergessene Inhalte wieder zum Vorschein gebracht und neu ausgelegt, die Menschen haben das Gefühl von Sicherheit und können sich ganz in ihrer Welt verlieren, da sie sich keine Sorgen machen müssen- die Konstrukte brechen so schnell nicht zusammen!

Mit diesen Worten verabschiede ich mich und freue mich schon auf das Finale von „Divious Mades“- doch wer weiß schon wer der Mörder ist?


Literaturverzeichnis:

Eco, Umberto (Eco 1988 [1983]): „Die Innovation im Seriellen“. In: Ders. Über Spiegel und andere Phänomene. München, S. 155-180

Groddeck, Wolfram (1999): „Wiederholen“. In: Bosse, Heinrich und Renner, Ursula (Hrsg): Literaturwissenschaft. Einführung in ein Sprachspiel. Freiburg i. Br., S. 177-191

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