Mittwoch, 7. Januar 2015
8. Blogpost - Kulturindustrie, was ist das bloß?
hannahleinung, 15:51h
In diesem Blogpost beschäftige ich mich heute mit einem Aufsatz von Horkheimer und Adorno mit dem Titel „Kulturindustrie. Aufklärung als Massenbetrug“ und versuche auf die Fragen nach der Funktion der Kulturindustrie, deren Problematik und dem Zusammenhang zur Autorschaft einzugehen.
Da der Text als Erstauflage im Jahr 1947 erschienen ist, ist er sehr von der Propaganda des Naziregimes geprägt und beeinflusst. Unter diesem zeitlichen Aspekt ist der Text zu betrachten, denn heute ist dies zum Glück nicht mehr der Fall.
„Jeder soll sich gleichsam spontan seinem vorweg durch Indizien bestimmten ‚level‘ gemäß verhalten und nach der Kategorie des Massenprodukts greifen, die für seinen Typ fabriziert ist.“ (Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 131)
Ich finde, dass an diesem Zitat das Prinzip der Kulturindustrie besonders gut deutlich wird. Die Menschen werden manipuliert. So wird ihnen eine Kultur vorgegeben, die genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist und von jedem akzeptiert werden muss (vgl. Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 129). Diese Akzeptanz vollzieht sich im Unbewussten, da die Menschen nicht merken, wie sie gesteuert werden. Sie werden vorher genau analysiert und bekommen letztendlich die Artikel gezeigt, die ihrem Typus entsprechen. Sie kennen keine anderen Waren, sodass ihnen der Vergleich fehlt. Aber wenn solche Produkte genau auf sie zugeschnitten sind- wieso sollten sie sich dann nicht damit zufrieden geben?
Dass aber überhaupt so eine Manipulation möglich ist, gelingt anhand der genauen Erforschung und- wie oben erwähnt- Analyse der Menschen. Sie werden zu Objekten heruntergestuft und verschiedenen Ordnungen zugeschrieben. So werden sie beispielsweise in Einkommensgruppen eingeteilt, sodass die Kulturindustrie ein klares Bild von ihren Konsumenten und deren Bedürfnissen hat (vgl. Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 131).
Dabei verlieren sie jedoch ihre Individualität, denn diese wird bei der Erforschung ihrer Bedürfnisse außer Acht gelassen- sie werden nur als Konsumenten betrachtet. Ihnen wird vorgespielt, sie können frei wählen, doch in der Realität sieht es so aus, dass sie von oben gesteuert werden und im Sinne des Regimes handeln. Sie verlieren ihre Freiheit, sind nicht mehr autonom, Marionetten des Regimes.
In der NS-Zeit waren die Medien voll von Propaganda, sodass die Menschen sich dieser gar nicht entziehen konnten und automatisch unbewusst gezwungen waren mitzumachen. Denn das Ziel der Kulturindustrie ist die Aufrechterhaltung der herrschenden Ordnung.
Unterhaltung wird nur noch aus Regime-fördernden und kommerziellen Gründen betrieben. Wirtschaftliche Erfolge stehen mit an oberster Stelle, um den Profit zu maximieren. Kritik ist verboten- wenn denn überhaupt jemand es schafft sich von den Seilen der Marionettenhalterung zu lösen.
Ein weiterer Aspekt, der angesprochen wird, ist die „Reproduktion des Immergleichen“ (Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 142). Im Text heißt es: „Amusement, alle Elemente der Kulturindustrie, hat es längst vor dieser gegeben.“ (Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 143). Es wird sich auf das Alte, das sich Bewährte, verlassen und dies „(…) auf die Höhe der Zeit gebracht.“ (Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 143).
Den Menschen werden schon längst bekannte Inhalte gezeigt, sodass sie sich keine Sorgen und erst recht keine Gedanken machen müssen- und genau das beabsichtigt die Kulturindustrie, denn wenn die Menschen anfangen sich Gedanken zu machen, kommt es möglicherweise zu Kritik und Kritik bedeutet, dass das Regime in Gefahr ist.
Zur Zeit der Nationalsozialisten wurde jede Kritik unterdrückt und vernichtet und die Medien überbrachten nur die Informationen, die das Regime unterstützen. Selbst die Kunst war unter der Macht des Regimes gefangen, konnte nicht mehr kreativ und frei arbeiten, denn alles wurde kontrolliert und gesteuert (Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 129). Heute ist dies jedoch nicht mehr der Fall, da in den Nachrichten, Talkshows und sonstigen Medien kritische Gedanken geäußert werden können und somit die Menschen wieder mündig und autonom sind.
Problematisch an dem Konstrukt der Kulturindustrie ist, neben den bereits erwähnten Aspekten, dass die Menschen einer Scheinaufklärung unterliegen. Das eigentliche Ziel der Aufklärung ist es einen mündigen Menschen hervorzubringen, der frei und kritikfähig ist und seine eigenen Entscheidungen treffen kann. Diesen eigentlichen Sinn kehrt die Kulturindustrie jedoch um- sie bringt Menschen hervor, die leicht zu kontrollieren und steuern sind, sodass das Regime leichtes Spiel bei der Machtausübung hat. Anhand der Medien werden „richtige“ Verhaltensweisen übermittelt und die Autonomie der Menschen unterdrückt. So kommt es zum Massenbetrug, denn die Menschen werden von oben kontrolliert, analysiert und gesteuert.
Aber was haben die Gedanken von Horkheimer und Adorno mit Autorschaft zu tun? Um ehrlich zu sein, fällt es mir schwer diese Frage zu beantworten, da ich dem Text keine Informationen darüber entnehme, sodass ich bloß Vermutungen anstellen kann.
Der Text behandelt ja ansatzweise die Unterdrückung von Kreativität und Autonomie, welche wichtige Bestandteile beim Schaffen von Autoren sind. Wenn sie in ihrer Freiheit und dem kreativen Arbeiten jedoch eingeschränkt sind (dadurch dass sie sich an die Regeln des Regimes anpassen müssen), so können sie keine Abbilder der Wirklichkeit erschaffen und müssen somit die Wahrheit verschleiern.
Ich habe ich eine Parallele zu Ecos Aufsatz „Die Innovation des Seriellen“ gefunden, die jedoch nicht wirklich etwas mit Autorschaft an sich zu tun hat, sondern eine Verbindung zwischen den Aufsätzen aufweist. In der „Dialektik der Aufklärung“ von Horkheimer und Adorno heißt es dem Film sei es anzusehen, wie er enden würde und dass ein Musikkenner direkt nach dem Hören der ersten Takte eines Schlagers dessen Fortsetzung erraten könne und sich glücklich fühle, wenn sie so eintreffe (vgl. Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 133). Diesen Aspekt erwähnt Eco ebenso: „[…]er ist glücklich, weil er entdeckt, daß er vorrausagen kann, was geschehen wird, und weil er den Eintritt des Erwarteten genießt.“ (Eco 1988 [1983]: 160).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich bei dem Konstrukt der Kulturindustrie- wie in diesem Text beschrieben- um ein altes Modell handelt. Heutzutage sind die Menschen kritikfähig und frei in ihrem Handeln, sie können sich aussuchen, welche Medien sie konsumieren. In Nordkorea jedoch trifft dieses Modell zu, denn dort herrscht eine strikte Diktatur, die wie zu NS-Zeiten jede Kritik verbietet und den Menschen über die Medien die „richtigen“ Verhaltensweisen vorgibt, an die sich alle zu halten haben.
Literaturverzeichnis:
Horkheimer, Max und Adorno, Theodor W. (2008 [1947]): "Kulturindustrie. Aufklärung als Massenbetrug". In: Dies.: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. Frankfurt a.M., S. 128-176.
Eco, Umberto (Eco 1988 [1983]): „Die Innovation im Seriellen“. In: Ders. Über Spiegel und andere Phänomene. München, S. 155-180
Da der Text als Erstauflage im Jahr 1947 erschienen ist, ist er sehr von der Propaganda des Naziregimes geprägt und beeinflusst. Unter diesem zeitlichen Aspekt ist der Text zu betrachten, denn heute ist dies zum Glück nicht mehr der Fall.
„Jeder soll sich gleichsam spontan seinem vorweg durch Indizien bestimmten ‚level‘ gemäß verhalten und nach der Kategorie des Massenprodukts greifen, die für seinen Typ fabriziert ist.“ (Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 131)
Ich finde, dass an diesem Zitat das Prinzip der Kulturindustrie besonders gut deutlich wird. Die Menschen werden manipuliert. So wird ihnen eine Kultur vorgegeben, die genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist und von jedem akzeptiert werden muss (vgl. Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 129). Diese Akzeptanz vollzieht sich im Unbewussten, da die Menschen nicht merken, wie sie gesteuert werden. Sie werden vorher genau analysiert und bekommen letztendlich die Artikel gezeigt, die ihrem Typus entsprechen. Sie kennen keine anderen Waren, sodass ihnen der Vergleich fehlt. Aber wenn solche Produkte genau auf sie zugeschnitten sind- wieso sollten sie sich dann nicht damit zufrieden geben?
Dass aber überhaupt so eine Manipulation möglich ist, gelingt anhand der genauen Erforschung und- wie oben erwähnt- Analyse der Menschen. Sie werden zu Objekten heruntergestuft und verschiedenen Ordnungen zugeschrieben. So werden sie beispielsweise in Einkommensgruppen eingeteilt, sodass die Kulturindustrie ein klares Bild von ihren Konsumenten und deren Bedürfnissen hat (vgl. Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 131).
Dabei verlieren sie jedoch ihre Individualität, denn diese wird bei der Erforschung ihrer Bedürfnisse außer Acht gelassen- sie werden nur als Konsumenten betrachtet. Ihnen wird vorgespielt, sie können frei wählen, doch in der Realität sieht es so aus, dass sie von oben gesteuert werden und im Sinne des Regimes handeln. Sie verlieren ihre Freiheit, sind nicht mehr autonom, Marionetten des Regimes.
In der NS-Zeit waren die Medien voll von Propaganda, sodass die Menschen sich dieser gar nicht entziehen konnten und automatisch unbewusst gezwungen waren mitzumachen. Denn das Ziel der Kulturindustrie ist die Aufrechterhaltung der herrschenden Ordnung.
Unterhaltung wird nur noch aus Regime-fördernden und kommerziellen Gründen betrieben. Wirtschaftliche Erfolge stehen mit an oberster Stelle, um den Profit zu maximieren. Kritik ist verboten- wenn denn überhaupt jemand es schafft sich von den Seilen der Marionettenhalterung zu lösen.
Ein weiterer Aspekt, der angesprochen wird, ist die „Reproduktion des Immergleichen“ (Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 142). Im Text heißt es: „Amusement, alle Elemente der Kulturindustrie, hat es längst vor dieser gegeben.“ (Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 143). Es wird sich auf das Alte, das sich Bewährte, verlassen und dies „(…) auf die Höhe der Zeit gebracht.“ (Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 143).
Den Menschen werden schon längst bekannte Inhalte gezeigt, sodass sie sich keine Sorgen und erst recht keine Gedanken machen müssen- und genau das beabsichtigt die Kulturindustrie, denn wenn die Menschen anfangen sich Gedanken zu machen, kommt es möglicherweise zu Kritik und Kritik bedeutet, dass das Regime in Gefahr ist.
Zur Zeit der Nationalsozialisten wurde jede Kritik unterdrückt und vernichtet und die Medien überbrachten nur die Informationen, die das Regime unterstützen. Selbst die Kunst war unter der Macht des Regimes gefangen, konnte nicht mehr kreativ und frei arbeiten, denn alles wurde kontrolliert und gesteuert (Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 129). Heute ist dies jedoch nicht mehr der Fall, da in den Nachrichten, Talkshows und sonstigen Medien kritische Gedanken geäußert werden können und somit die Menschen wieder mündig und autonom sind.
Problematisch an dem Konstrukt der Kulturindustrie ist, neben den bereits erwähnten Aspekten, dass die Menschen einer Scheinaufklärung unterliegen. Das eigentliche Ziel der Aufklärung ist es einen mündigen Menschen hervorzubringen, der frei und kritikfähig ist und seine eigenen Entscheidungen treffen kann. Diesen eigentlichen Sinn kehrt die Kulturindustrie jedoch um- sie bringt Menschen hervor, die leicht zu kontrollieren und steuern sind, sodass das Regime leichtes Spiel bei der Machtausübung hat. Anhand der Medien werden „richtige“ Verhaltensweisen übermittelt und die Autonomie der Menschen unterdrückt. So kommt es zum Massenbetrug, denn die Menschen werden von oben kontrolliert, analysiert und gesteuert.
Aber was haben die Gedanken von Horkheimer und Adorno mit Autorschaft zu tun? Um ehrlich zu sein, fällt es mir schwer diese Frage zu beantworten, da ich dem Text keine Informationen darüber entnehme, sodass ich bloß Vermutungen anstellen kann.
Der Text behandelt ja ansatzweise die Unterdrückung von Kreativität und Autonomie, welche wichtige Bestandteile beim Schaffen von Autoren sind. Wenn sie in ihrer Freiheit und dem kreativen Arbeiten jedoch eingeschränkt sind (dadurch dass sie sich an die Regeln des Regimes anpassen müssen), so können sie keine Abbilder der Wirklichkeit erschaffen und müssen somit die Wahrheit verschleiern.
Ich habe ich eine Parallele zu Ecos Aufsatz „Die Innovation des Seriellen“ gefunden, die jedoch nicht wirklich etwas mit Autorschaft an sich zu tun hat, sondern eine Verbindung zwischen den Aufsätzen aufweist. In der „Dialektik der Aufklärung“ von Horkheimer und Adorno heißt es dem Film sei es anzusehen, wie er enden würde und dass ein Musikkenner direkt nach dem Hören der ersten Takte eines Schlagers dessen Fortsetzung erraten könne und sich glücklich fühle, wenn sie so eintreffe (vgl. Horkheimer, Adorno 2008 [1947]: 133). Diesen Aspekt erwähnt Eco ebenso: „[…]er ist glücklich, weil er entdeckt, daß er vorrausagen kann, was geschehen wird, und weil er den Eintritt des Erwarteten genießt.“ (Eco 1988 [1983]: 160).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es sich bei dem Konstrukt der Kulturindustrie- wie in diesem Text beschrieben- um ein altes Modell handelt. Heutzutage sind die Menschen kritikfähig und frei in ihrem Handeln, sie können sich aussuchen, welche Medien sie konsumieren. In Nordkorea jedoch trifft dieses Modell zu, denn dort herrscht eine strikte Diktatur, die wie zu NS-Zeiten jede Kritik verbietet und den Menschen über die Medien die „richtigen“ Verhaltensweisen vorgibt, an die sich alle zu halten haben.
Literaturverzeichnis:
Horkheimer, Max und Adorno, Theodor W. (2008 [1947]): "Kulturindustrie. Aufklärung als Massenbetrug". In: Dies.: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. Frankfurt a.M., S. 128-176.
Eco, Umberto (Eco 1988 [1983]): „Die Innovation im Seriellen“. In: Ders. Über Spiegel und andere Phänomene. München, S. 155-180
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